Seit dem 3. August gilt der neue Fachkraftkatalog im Hessischen Kinder- und Jugendhilfegesetzbuch. Durch die aktuelle Änderung des Paragrafen 25b soll es insbesondere für Quereinsteigende einfacher sein, als Fachkraft in einer Kita zu arbeiten. Das Hessische Ministerium für Soziales und Integration hat auf seiner Webseite nun erläuternde Informationen und Antragsformulare veröffentlicht.

Neuer Fachkraftkatalog: Wer darf in welcher Position eingesetzt werden?

Die Änderungen des Paragrafen 25b zielen insgesamt darauf ab, dass der Personenkreis weiter gefasst ist, der als Fachkraft in einer Kita arbeiten kann. Das bedeutet, dass

  • der Personenkreis erweitert wurde, der für eine Leitungsfunktion in einer Einrichtung oder einer Gruppe in Frage kommt
  • weitere Berufsgruppen beziehungsweise anders qualifizierte Personen zur Mitarbeit als Fachkraft zugelassen sind, die zuvor nicht als Fachkraft in Kitas arbeiten konnten. Im Gesetz werden sie als „sonstige Personen“ bezeichnet.

Leitung: Wer kann es jetzt zusätzlich werden?

Eine Prüfstelle, angesiedelt beim Ministerium für Soziales und Integration (HMSI), überprüft anhand eines Kriterienkatalogs, ob bestimmte Personen, die einen anderen Studiengang als im allgemein pädagogischen, frühpädagogischen oder sozialpflegerischen Bereich abgeschlossen haben, dennoch das Wissen und die Voraussetzungen für eine Leitungsposition (Einrichtung oder Gruppe) aufweisen. Die Eignung der betreffenden Personen ist verknüpft mit einem Wissen in bestimmten Feldern. Diese sind:

  • Grundlagenwissen Soziale Arbeit / Sozialpädagogik und Erziehung / Bildung,
  • Institutionelle Kenntnisse der Kinder- und Jugendhilfe
  • Adressatenbezogenes Wissen,
  • Professionelles Handeln und pädagogische Interaktion,
  • Kontextwissen aus Bezugsdisziplinen, wie etwa Soziologie, Psychologie, Politikwissenschaft oder Gesundheitswissenschaft. Angerechnet werden in diesem Feld höchstens 30 Creditpoints.
  • Reflexion und (Selbst-)Evaluation. Angerechnet werden in diesen Bereichen höchstens 15 Creditpoints.

Insgesamt 95 Creditpoints müssen die betreffenden Personen in den genannten Feldern erbracht haben, um für eine Leitungsposition in Frage zu kommen. Die Prüfstelle im Ministerium wird die einzureichenden Unterlagen prüfen, wie etwa Abschlusszeugnisse beziehungsweise beglaubigte Übersicht der erbrachten Studienleistungen.

Sonstige Personen zur Mitarbeit berechtigt: Wer sind „sonstige Personen“?

Zusätzlich zu den Änderungen der Leitungsqualifikationen haben sich auch die Anforderungen an die Personen geändert, die zur Mitarbeit in Kitas zugelassen sind. Diese im Gesetz als „sonstige Personen“ bezeichnete Gruppe ist ebenfalls erweitert worden. Hierfür hat der Gesetzgeber den so genannten Qualifikationsrahmen von der Niveaustufe 6 (Meisterprüfung) auf die Niveaustufe 4 (normaler Ausbildungsabschluss) gesenkt. Mit dieser Änderung ist es nun möglich, dass auch Ergotherapeut*innen, Logopäd*innen oder Personen mit Ausbildungsabschlüssen in der Motopädie und Waldorfpädagogik den Fachkraftstatus erhalten können.

Unverändert bleiben für Personen mit einem DQR4-Ausbildungsabschluss jedoch die Auflagen, dass

  • die vorherige Qualifikation zur Konzeption der Kita passt, das heißt profilergänzend ist
  • die Eignung der jeweiligen Person vom zuständigen Jugendamt geprüft werden muss
  • die betreffende Person innerhalb von zwei Jahren insgesamt 160 (Unterrichts)Stunden Fortbildung in pädagogischen Themen vorweisen muss. Häufig bitten Jugendämter darum, dass ein Fortbildungsplan vorgelegt wird.
  • die Anerkennung zur Fachkraft nur für die jeweilige Einrichtung gilt.

Alternativer Kita-Quereinstieg ohne formale Kompetenzen

Zusätzlich zur Ausweitung des Qualifikationsniveaus von DQR6 auf DQR4 ist nun ein alternativer Quereinstieg möglich. Personen ohne qualifizierten Abschluss können sich als Fachkraft anerkennen lassen. Den Öffnungsschritt begründet die Landesregierung damit, dass Träger jetzt auch Aushilfen, die in Kitas seit vielen Jahren wertvolle Arbeit leisten, auf den Mindestpersonalbedarf anrechnen können. Dazu zählen beispielsweise Studienabbrecher*innen und ausländische Fachkräfte, deren Bildungssysteme nicht mit unseren vergleichbar sind und die daher an der Fachkraftanerkennung ausländischer Abschlüsse gescheitert sind. Ob diese Personen für die Arbeit in einer Kita geeignet sind, das heißt über ein spezifisches „pädagogisches Kompetenzprofil“ verfügen, überprüft das HMSI im Einzelfall. Ein pädagogisches Kompetenzprofil hat laut Begründung des Gesetzes, wer

  • in insgesamt 3.000 Zeitstunden theoretische und / oder praktische Kenntnisse in der Arbeit mit Kindern erworben hat
  • davon 160 Zeitstunden fachspezifische Grundkenntnisse in der Kindertagesbetreuung, erworben durch Ausbildung (auch abgebrochene Ausbildung), Studium oder Fort- und Weiterbildung nachweist und
  • mindestens 480 Zeitstunden einschlägige Praxiserfahrung in einer Tageseinrichtung für Kinder gesammelt hat – das entspricht einer dreimonatigen Vollzeittätigkeit oder entsprechend länger in Teilzeit.

Ebenfalls können sich die betreffenden Personen Berufserfahrung in anderen Feldern der Kinder- und Jugendhilfe auf die 3.000 Stunden anrechnen lassen.

Anrechenbarkeit: Aus 15 Prozent wird 25 Prozent

Bisher war im Hessischen Kinder- und Jugendhilfgesetz geregelt, dass 15 Prozent der pädagogischen Fachkräfte einer Kita „Personen mit fachfremder Ausbildung im In- und Ausland“ (Paragraf 25b, Abs. 2, Nr. 6) sein durften, gerechnet auf den Mindestpersonalbedarf ohne Leitungsfreistellung. Mit der Gesetzesänderung ist der Anteil auf höchstens 25 Prozent erhöht. Das bedeutet, dass ein Viertel des pädagogischen Fachpersonals in Kitas aus Quereinsteiger*innen bestehen kann.

Formulare für Anerkennung auf der Webseite des HMSI

Auf der Webseite des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration (HMSI) finden sich mittlerweile zusätzliche Informationen zu den Antragsverfahren sowie die dazugehörigen Formulare. Auch die FAQs (Häufig gestellte Fragen) zum Hessischen Kinder- und Jugendhilfegesetz sind aktualisiert. Hier finden sich Erläuterungen zu den aktuellen Änderungen des Fachkraftkatalogs und der Prüfverfahren:

Sozialminister Kai Klose hat in der auf die Gesetzesverabschiedung folgende Pressemitteilung außerdem angekündigt, dass dieser Maßnahme zur Entlastung der Kitas weitere folgen sollen. 100 Millionen Euro wird das Land den Einrichtungen zur Verfügung stellen, um die Öffnung des Fachkraftkatalogs in den Teams direkt zu unterstützen. Das Programm heißt “Starke Teams, starke Kitas” und ist aus Bundesgeldern über das Kita-Qualitätsgesetz finanziert. Mit den Mitteln, die Träger aus dem Programm erhalten werden, sollen sie die Personalstruktur in ihren Kitas stärken sowie multiprofessionelle Teams in ihrer Zusammenarbeit unterstützen. Geplant ist, dass Träger aus verschiedenen Maßnahmen die für sie passenden aussuchen können. Jeder Träger erhält hierfür ein Budget, dessen Höhe sich nach der Anzahl und Größe ihrer Einrichtung(en) richtet. Sobald Näheres über das Programm bekannt ist, werden wir darüber informieren.

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